Die Chronik – von 1994 bis heute

  • Am 23. März besuchten Fernsehkoch Rainer Sass und seine NDR-Crew die Hamburger Tafel und kochte gemeinsam mit Tafel-Mitgliedern eine Mahlzeit für die NDR-Sendung „So isst der Norden“.
  • Am 28. April starb die Gründerin und Ehrenvorsitzende der Hamburger Tafel Annemarie („Ami“) Dose im Alter von 87 Jahren. Am 13. Mai bildeten 20 ehrenamtliche Tafel-Mitarbeiter in den bekannten roten Jacken ein Spalier, als der Sarg nach der Trauerfeier aus der Kirche getragen wurde.
  • Im September wurde im Theater Schmidts Tivoli anlässlich des Stücks „Engel von St. Pauli“ die Hamburger Tafel für ihr soziales Engagement geehrt.
  • Die Harders Familien Stiftung spendete der Hamburger Tafel rund 40.000 Euro für ein neues Kühlfahrzeug Mercedes-Benz „Sprinter“.
  • Die Hamburger Tafel wählt am 7. Mai einen neuen Vorstand: Vorsitzender wurde Jens Wrage, sein Stellvertreter Dr. Axel Emmermann, Als weitere Vorstandsmitglieder wurden Silvia Becker, Hellmut Brauer und Hans-Werner Specht gewählt.
  • Der Fuhrpark der Hamburger Tafel verfügt nun über 10 Mercedes-Sprinter.
  • Seit Anfang November hat die Hamburger Tafel ein neues, größeres Büro in der Bramfelder Straße 102, 2. Etage.
  • Die Hamburger Tafel hat im April den 29. Kochkurs veranstaltet.
  • Mittlerweile gibt es in Deutschland rund 920 Tafeln.
  • Ab 14. April bekommt die Hamburger Tafel Lebensmittelspenden von den ALDI-Filialen in Hamburg.
  • Uns bereitet große Sorgen, dass immer mehr noch essbares Obst und Gemüse recycelt und zu Kraftstoff usw. verarbeitet wird. Außerdem verkaufen zahlreiche Supermärkte oft jene Lebensmittel, deren Mindesthaltbarkeit bald abläuft und früher der Hamburger Tafel überlassen wurden, mit erheblichem Preisnachlass an die Kunden.
  • Herzlichen Glückwunsch: Die Hamburger Tafel ist am 7. November 20 Jahre alt geworden!
  • Auch in diesem Jahr kommt bei einer den ganzen Oktober andauernden Geldsammlung im Ernst-Deutsch-Theater eine erkleckliche Summe zusammen. Die Intendantin Isabell Vertes-Schütter stand an jedem Abend mit einem(r) Schauspieler(in) nach der Vorstellung im Foyer und sammelte höchstpersönlich mit ein.
  • Bei einer Spendensammlung des NDR im November kamen rund 1,1 Millionen Euro zusammen, die allen norddeutschen Tafeln zugute kommen sollten.
  • Die Darsteller des Musicals „Sister Act“ sammeln für die Hamburger Tafel.
  • Ami Dose kündigt ihren Rückzug an und entlässt im November nach 18 Jahren ihr nun volljähriges Kind in die Zukunft. Ihr Nachfolger und Vorstandsvorsitzender wird Achim Müller.
  • Die Firma Jungheinrich spendiert der Hamburger Tafel einen Gabelstapler.
  • Inzwischen gibt es rund 850 Tafeln in Deutschland.
  • Die Hamburger Tafel zieht mit Büro und Lager in die Bramfelder Str. 102 um
  • Die Kochkurse – inzwischen rund 16 – sind bereits auf Erfolgskurs, das zweite Kochbuch erscheint: “Einfach, günstig und lecker kochen, Nr.2“.
  • REWE organisiert die Aktion „Kauf ein bisschen mehr“ für die Hamburger Tafel.
  • Das Ensemble Resonanz gibt in der Fabrik ein Benefizkonzert für die Hamburger Tafel und Hinz und Kunzt.
  • In Deutschland werden rund 800 Tafeln gezählt.
  • Verleihung des Bundesverdienstkreuzes Erster Klasse an Annemarie Dose – doch vorher gab’s seitens der Geehrten einen gewissen Widerstand. Denn Ami Dose wollte, dass alle Tafel-Mitarbeiter an der Feier teilnehmen. Das aber wurde vom Senat abgeblockt. „Sie müssen alleine erscheinen“, hieß es.
    „Kommt nicht in Frage“, erwiderte Ami.
    „Aber anders geht das nicht“, ertönte es aus der Senatskanzlei.
    „Na dann“, antwortete Ami, „können Sie mir das Bundesverdienstkreuz per Post zuschicken.
    Das wollte der Senat nun auch wieder nicht. Und schließlich einigte man sich darauf, dass 30 Tafel-Mitarbeiter mit ins Rathaus kommen durften…
  • Im Lager in der Finkenau wurde kurz vor Weihnachten eingebrochen.
  • Das Ernst-Deutsch-Theater sammelt nach den Vorstellungen für die Hamburger Tafel, sie bedankt sich mit einem leckeren Büffet.
  • Die Tafeln geraten in kritische Diskussionen: Werden sie ausgenutzt? Sowohl vom Staat als auch von Schnorrern?
  • Ami Dose feiert ihren 80. Geburtstag, ihr zu Ehren gibt es einen Empfang in der Körber-Stiftung.
  • Das Kochbuch „Einfach, günstig lecker kochen“, hervorgegangen aus den Kochkursen, erscheint in Zusammenarbeit mit dem Großmarkt und wird ein Riesen-Erfolg.
  • Die Zeitschrift Bild der Frau verleiht Annemarie Dose die Goldene Bild der Frau für ihr soziales Engagement.

Und dann gab’s da noch die Geschichte mit der Kuh: In der Nähe von Friedrichstadt hatte ein Hamburger Werbekaufmann einen Resthof und feierte dort zum Jahreswechsel 2006/2007 mit den Bauern Silvester. Dabei kam das Gespräch auch auf die Rindfleischpreise. „Die gehen hoch“, meinte der eine. „Unsinn, die bleiben so, wie sie jetzt sind“, widersprach ein anderer. „Ach was, die fallen“, sagte der nächste. Schließlich wettete ein Bauer mit dem Werber – und man einigte sich darauf, dass derjenige, der die Wette verliert, eine Kuh kaufen müsse.
Der Werber verlor – und musste nun die Kuh kaufen. Aber was sollte er, der Stadtmensch, der nur am Wochenende auf dem Land lebte, mit dem Tier anfangen? Eines Tages rief er Annemarie Dose an und fragte, ob sie eine Kuh gebrauchen könne.
Ami Dose glaubte, nicht richtig verstanden zu haben. „Eine Kuh?“ fragte sie, „was für eine Kuh?“
„Na, eine ganz normale lebende Kuh“, erwiderte der Anrufer. Und begann zu drängeln: „Also, wie sieht’s aus? Wollen Sie die Kuh haben?“
Die Tafel-Chefin dachte nicht lange nach. „Klar“, erwiderte sie. „Wir nehmen alles!“ Und weil sie wusste, dass in Hamburg nicht mehr geschlachtet wurde, sagte sie: ‚Lassen Sie das Tier irgendwo in Schleswig-Holstein schlachten, dann werden wir das Fleisch gerne nehmen.’“
Damit war das Gespräch beendet, und ein halbes Jahr lang hörte Annemarie Dose nichts mehr von dem Werbekaufmann und seiner Kuh. Schließlich rief sie ihn an und fragte, ob sein Anruf im Januar vielleicht ein Scherz gewesen war.
„Aber nein“, erwiderte der Werber. „Sie müssen nur noch das Tier aus einer Herde von fünf, sechs Tieren heraussuchen.“
Also fuhr Ami Dose einige Zeit später zu dem Bauern – doch als sie auf der Wiese vor der Herde stand, wäre die Frau am liebsten umgekehrt. Denn sie hatte ein wahnsinnig schlechtes Gewissen, weil sie eines der Tiere ans Messer liefern sollte.
Schließlich überwand sie ihre Skrupel und deutete mit dem Finger auf eine Kuh: „Die da!“ Und sah zu, dass sie von der Wiese kam, „damit ich dem armen Rindvieh nicht mehr in die Augen sehen musste. Es tat mir wahnsinnig Leid.“
Wenige Tage später wurde das Tier bei der Hamburger Tafel abgeliefert – zerteilt in zwei Rinderhälften. Sie wurden sofort an die „Jenfelder Kaffeekanne“ weitergeleitet. Die tischte wie üblich das Fleisch den Bedürftigen auf – und zauberte obendrein aus der Kuh ein opulentes Festmahl für die Weihnachtsfeier der Hamburger Tafel!

  • Der Vorstand der Versicherung „ Deutscher Ring“ kocht für seine Mitarbeiter, der Erlös geht an die Hamburger Tafel und wird die Tafel-Kochkurse anschieben.
  • Die ersten Kochkurse starten in 6 sozialen Einrichtungen, unterstützt von der Hamburger Tafel und dem Grossmarkt mit Lebensmitteln.
  • Annemarie Dose erhält den Bürgerpreis der CDU.

Kaum hatte das Jahr 2005 begonnen, wurde die Hamburger Tafel wieder einmal mit einer Herausforderung der besonderen Art konfrontiert: 66 Paletten mit je 960 Gläsern, die Gulaschsuppe in getrockneter Form enthielten. Und leider auch winzige Fetzen einer blauen Kunststofftüte, die bei der Produktion in die Maschine geraten war.
Deshalb sollten die 63.360 Portionen Gulaschsuppe vernichtet werden. Denn die Fetzen aus den Gläsern zu fieseln, war für den Hersteller unmöglich. Aber nicht für die ehrenamtlichen Helfer der Hamburger Tafel: „Die paar Schnipsel herausfischen – das wuppen wir!“ Und sie schafften es. Sechs Wochen lang öffneten die Tafel-Mitarbeiter Glas für Glas und schütteten den Inhalt von zehn Gläsern in Plastikbeutel. Dabei fanden sie hin und wieder kleine, blaue Kunststofffetzen, die akribisch gesammelt wurden. Und als schließlich aus den 63.360 kleinen Portionen rund 6.300 große geworden waren, wurde auch die herausgefischte „Ausbeute“ begutachtet: Die winzigen Kunststofffetzen bedeckten gerade mal den Boden eines Marmeladenglases…

  • Die Fotoausstellung „Wangenrot“ – ein Projekt von Hamburger Fotografen für die Hamburger Tafel – findet im Kunsthaus statt. Am Ende wurden die Bilder versteigert, der Erlös ging an die Annemarie-Dose-Stiftung für die Hamburger Tafel.
  • Vodafon nimmt alte Mobiltelefone für je 5,-€ zugunsten der Annemarie-Dose-Stiftung zurück.
  • 5000 Äpfel aus neuer Ernte werden aus dem Alten Land gespendet und weiter verteilt.
  •  Im EKZ Hamburger Straße gibt es wieder ein Pianisten-Festival zugunsten der Hamburger Tafel.
  • Annemarie Dose bekommt den Patriziatspreis des Kollegiums der Oberalten.
  • Die Hamburger Tafel wird 10 Jahre alt: Die Firma REWE spendet eine LKW-Ladung Lebensmittel, es gibt eine Benefiz-Gala im Hotel Vier-Jahreszeiten mit Dinner, Musik und Tombola.
  • Die Hamburger Tafel feiert ihr Jubiläum mit allen Mitarbeitern mit einem Festessen im Hotel Elysée, gespendet vom Inhaber Eugen Block, außerdem gibt’s im Großen Festsaal des Rathauses es einen Senatsempfang.

Die Hamburger Tafel bezieht ein neues Lager in der Finkenau. Dabei handelt es sich um eine ehemalige Großküche eines Altersheims von Pflegen und Wohnen. Die Miete: null Euro. Ebenfalls sind Strom, Heizung, Wasser usw. kostenlos.

  • Trucker aus Osteuropa sitzen im Hafen fest, weil ihre Fahrzeuge nicht verkehrstüchtig sind. Die Tafel kümmert sich: Von Lebensmitteln über einen Kühlschrank bis zum Klohäuschen wird den Truckern alles kostenlos geliefert.
  •  Im Einkaufszentrum Hamburger Straße gibt es ein Pianisten-Festival zugunsten der Hamburger Tafel.
  • Wieder sammelt das Ernst-Deutsch-Theater einen Monat lang nach den Vorstellungen für die Tafel.
  • Das Fernsehen berichtet über die Arbeit der Tafeln. Der später im ganzen Bundesgebiet ausgestrahlte Dokumentarfilm „Die Sattmacher“ entsteht.
  • Ein Benefiz-Konzert des Hamburger Jugend-Orchesters zugunsten der Hamburger Tafel findet im Oktober in der Musikhalle statt.
  • Wieder eine Ehrung. Annemarie Dose wird zum „Ehren-Schleusenwärter“ ernannt.

Und wenig später gab’s einen Segen für die Hamburger Tafel: Im August 2000 erschien bei der Tafel ein Mann im vollen Ornat. „Gott wird’s schon richten“, verkündete er den Tafel-Mitarbeitern, und weil die verwundert seine Aufmachung musterten, erklärte der Mann, er sei „Priester Wladimir“, ein Pope aus Kasachstan und habe sich nach Hamburg aufgemacht, weil er hier ein Auto kaufen wolle. Ein bisschen Geld hätte er auch dabei, und es sei für die Hamburger Tafel doch sicherlich kein Problem, ihm beim Erwerb des Autos behilflich zu sein.
Ami Dose gab dem Mann erst einmal etwas zu essen – „der war ja völlig ausgehungert!“ Danach schickte sie ihn zum Ford-Händler Hugo Pfohe, wo der Pope auch sein Auto bekam. Nun hatte er also seinen fahrbaren Untersatz – und schon gab’s das nächste Problem: „Ich kann den Wagen nicht fahren“, lächelte der Geistliche milde. Und: „Gott wird’s schon richten!“
Darauf erklärte sich ein Mitarbeiter der Hamburger Tafel bereit, das Auto nach Berlin zu fahren. Von dort würde ein anderer Fahrer den Wagen samt Pope nach Kasachstan bringen. Damit schien also auch dieses Problem aus der Welt. Alle waren zufrieden – nur der fromme Mann war etwas bedrückt. „Ich habe kein Geld für Benzin“, verkündete er schließlich. Aber auch das würde Gott natürlich richten…
Gerichtet hat es wieder die Hamburger Tafel. Sie suchte und fand auch schnell Sponsoren, die Geld für das Benzin stifteten. Nun wurde der Wagen aufgetankt und mit vielen Esswaren voll geladen. Zum Schluss bestand der Pope darauf, dass er alle Autos der Hamburger Tafel segnen müsse – und wie er das machte, war höchst bemerkenswert: Der Mann zog aus seiner Manteltasche eine kleine Jägermeister-Flasche mit geweihtem Wasser und goss es in eine Salatschüssel. Anschließend kam etwas Leitungswasser hinzu, damit hat dann der Pope die Tafel-Autos bespritzt. Und seitdem haben alle Autos der Hamburger Tafel ihren Segen!

Im Mai 1999 blickte die Hamburger Tafel über den Tellerrand. Damals zeigten die Medien erschreckende Bilder aus dem Kosovo. Endlose Flüchtlingsströme, überwiegend Frauen, Kinder und alte Menschen, die nach mühsamen Strapazen endlich die vermeintlich rettende Grenze zu den Nachbarstaaten erreicht hatten. Aber die meisten Menschen hatten bis auf das, was sie am Leibe trugen, alles verloren.

„Denen müssen wir unbedingt helfen“, entschied Annemarie Dose – und ein an die Presse gegebener Spendenaufruf führte im Hamburger Tafel-Büro zu einem Ausnahmezustand: Über zwei Wochen lang wurden neben dem normalen Tagesgeschäft Kleidungsstücke sortiert und transportfertig gemacht, Radios repariert, Haushaltsgeräte in Kisten verstaut.
Die Spendenbereitschaft der Hamburger überwältigte die Helfer, doch sie wurden auch enttäuscht: Leider gab es einige schwarze Schafe, die die Hilfsaktion als willkommene Gelegenheit nutzten, um ihren Schrott und alten Plunder loszuwerden. Nachdem all dies aussortiert war, brach im Juni der Transport in die Krisenregion auf und nahm mehr als 30 Tonnen Hilfsgüter aus Hamburg mit.

Und nach diesem Einsatz wurde Ami Dose richtig sauer! Eigentlich wollten sich die Tafel-Helfer nach dem Kosovo-Einsatz wieder ihrer eigentlichen Aufgabe zuwenden – glaubten sie! Doch es kam anders, und zwar genau in dem Moment, als Annemarie Dose einen Artikel in der Zeitung durchgelesen hatte. Danach schlug sie mit der Faust auf den Tisch. „Es ist eine Unverschämtheit, dass man sich nicht um die Leute kümmert“, schimpfte sie und garnierte ihren Redeschwall mit unfeinen Bemerkungen über Ämter und deren Angestellte. Und dann kam die Frau zum Ergebnis: „Den armen Menschen müssen wir unbedingt helfen!“

Über was hatte sich Ami Dose so aufgeregt? Über ein Schiff. Genauer gesagt: über dessen Eigner und die Besatzung. Und ganz genau gesagt: über die Untätigkeit der Behörden. Tatsächlich war der Frachter „Verona“ im Sommer 1999 einer der traurigsten Anblicke im Hamburger Hafen: Das Schiff lag seit Anfang August fest, mitten in einem Hafenbecken an Befestigungspfählen, weil die See-Berufsgenossenschaft wegen Sicherheitsmängeln ein Auslaufverbot verhängt hatte. Für einen ordentlichen Liegeplatz an der Kaimauer war kein Geld vorhanden, denn die schwedische Reederei hatte die „Verona“ aufgegeben. Die acht Männer der Crew (vier Polen und vier Philippiner) warteten ohne Proviant auf ihr Geld und wollten dann nach Hause fahren. Doch sie mussten sehr lange warten, denn rund zehn Monate dauerte das Martyrium der „Verona“-Crew, rund zehn Monate wurde sie von der Hamburger Tafel mit Lebensmitteln unterstützt.

Dann endlich – am 10. Mai 2000 – hatte das Warten ein Ende. Ein Grieche erwarb das Schiff bei einer Zwangsversteigerung für 345.000 Mark – genug Geld, um der Besatzung die Heuer auszuzahlen. Und ehe sie sich auf den Weg in ihre Heimat machten, bedankten sich die Männer bei der Hamburger Tafel mit einem Rettungsring: „To Annemarie Dose. We can never forget all the help you have extended to us, more long lasting life be with you forever. From all the crew M. V. Verona“.

  • Gründung der 100. Tafel in Deutschland. Der erste bundesdeutsche Tafelkongress findet in Hamburg statt.
  • Mercedes Benz unterstützt die Tafeln in Deutschland und spendet 100 Vito-Lieferfahrzeuge.
  • Die ersten 1.000 Tage sind geschafft! Von liebevoll selbst gestrickten Socken bis zu 30.000 Liter Fruchtsaft auf einen Schlag wurde alles verteilt.
  • Annemarie Dose erhält stellvertretend für alle Tafelhelfer den „Max-Brauer-Preis“.
  • Das 1. Norddeutsche Tafeltreffen findet bei der Hamburger Tafel statt.
  • Der erste Tafel-Großeinsatz: Auf der InterNorga konnte die Tafel nach Messeschluss bei den Ausstellern alle Lebensmittel einsammeln, die nicht mehr gebraucht wurden oder die die Aussteller nicht mehr auf den langen Weg zum Heimatort mitnehmen wollten. Dabei kamen erhebliche Mengen an Esswaren zusammen, die in den folgenden Tagen an die Bedürftigen verteilt werden konnten.
  • In der Neuen Flora findet eine Benefiz-Gala zugunsten der Hamburger Tafel statt.
  • Im Herbst gibt’s eine „schwere“ Herausforderung: 9 Tonnen Bananen müssen kurzfristig verteilt werden.
  • Die Hamburger Tafel baut ihr Beziehungsgeflecht ins Umland aus.

Die Hamburger Tafel beschließt, die gespendeten Lebensmittel nur über bestehende soziale Hilfseinrichtungen zu vermitteln, weil die Ausgabe an Einzelpersonen immer wieder zu Streitereien, Beleidigungen und zu Betrügereien führten.

  • Das Konzept überzeugt, die Anzahl der Spender und der Hilfsprojekte steigt.
  • Der erste Kühlwagen wird angeschafft.

Der Hamburger Tafel wird das Büro in der Griegstraße gekündigt. Annemarie Dose ist fassungslos und weiß nicht, wie es weitergehen soll. Als sie gerade mit einem Zivi auf dem alten Sofa sitzt und überlegt, wie es weitergehen soll, steht plötzlich ein Herr im Raum. „Guten Tag, mein Name ist Jürgen G., und ich bin von Ihrer Aktion begeistert!“
Ami sah den Besucher fragend an: „Ja… Und?“
„Tja“, fuhr der Herr fort und sah sich im Büro um. „Also das hier ist ja nicht gerade das Gelbe vom Ei.“ Und nach einer kleinen Pause: „Ich habe gerade das alte Rotkreuz-Krankenhaus am Schlump gekauft und könnte Ihnen ein anständiges Büro zur Verfügung stellen.“
Ami glaubte anfangs, nicht richtig verstanden zu haben. „Wie hoch soll denn die Miete sein?“ fragte sie.
Der Gast machte eine abwehrende Handbewegung. „Keine Miete… Ich gebe Ihnen das Büro kostenlos!“
Ami sah den Besucher einen Moment schweigend an. „Kostenlos – wieso denn das?“ hakte sie schließlich nach. „Sie können doch nicht einfach…“
Der Gast lächelte. „Doch ich kann“, widersprach er. Und machte Annemarie Dose den Vorschlag: „Fahren Sie mal morgen zum Schlump und sehen sich die Räume an. Dort wird zwar noch gebaut, aber wenn alles fertig ist, haben Sie eine menschliche Bleibe!“
Der spinnt, dachte Ami. Sicherlich gehört er einer Sekte an oder so. Aber der Herr machte einen ziemlich normalen Eindruck. „Wir sehen uns dann morgen“, sagte er, reichte ihr die Hand und wandte sich zum Gehen. Dann aber zögerte er, zog einen Scheck aus der Hemdentasche und reichte ihn Ami. „Sicherlich brauchen Sie auch Geld“, meinte er – und verschwand.
Annemarie Dose blickte auf den Scheck. 15.000 Mark stand dort! Damit war bei ihr der Ofen aus: „Der will mich auf den Arm nehmen!“ Und sie rief sofort wichtige Leute bei der Bank an: „Kennen Sie einen Jürgen G.?“
„Selbstverständlich“, lautete stets die Antwort. „Ein seriöser Kaufmann aus Celle – dem können Sie vertrauen.“

Am folgenden Tag sah sich Ami die Räume am Schlump an und war hellauf begeistert: „Zwei große Zimmer im Hochparterre und im Souterrain nochmal drei Räume!“
Und schon wenige Tage später hatte die Tafel ihr Büro am Schlump! Das Mobiliar „schnackte“ sie dem Leiter des gegenüber liegenden Finanzamt ab – dort waren viele Schreibtische, Schränke usw. auf dem Boden gelagert und wurden sofort von den Tafel-Mitarbeitern konfisziert…

  •  Der 1. Geburtstag wird zusammen mit Hinz und Kunzt am 7. November als Benefiz-Fete in der Fabrik gefeiert.

Nachdem ihr Ehemann im Jahre 1993 gestorben war, wusste Annemarie Dose nicht, wie es mit ihr weiter gehen sollte. Sie spielte oft Klavier, „aber das konnte es auf die Dauer nicht sein!“ Eines Tages sah Ami – wie sie von allen genannt wird – im Fernsehen einen Bericht über die Berliner Tafel. „Ich war begeistert und beschloss spontan: Das mache ich auch!“

Sie fuhr nach Berlin, informierte sich, wie so eine Tafel arbeitet – und trommelte anschließend in Hamburg Freunde und Bekannte zusammen, denen sie von ihrem Plan erzählte. Viele hatten Bedenken, einige hielten sie für verrückt – „besonders meine Töchter!“

Aber die Frau hatte nun einmal ihren Plan gefasst und tat alles um ihn zu realisieren. Sie rief auch bei der Obdachlosenzeitung Hinz und Kunzt, wo die Chefredakteurin Birgit Müller zunächst skeptisch reagierte: „Immerhin war die Dame, die zum Vorgespräch kam, Ende 60, Hausfrau und mit Schmuck reich behängt. Nicht gerade das richtige Outfit, um Besuche auf der Platte zu machen. Und wir waren auch misstrauisch, was ihre Motive betraf: Sie war eine reizende Dame, kein Zweifel. Aber wollte sie vielleicht nur ein paar Almosen verteilen, um sich später gut zu fühlen, ohne echtes Interesse an den Obdachlosen?“

Ami Dose konnte die Bedenken der Hinz & Künstler schnell zerstreuen, und am 7. November 1994 wurde anlässlich des einjährigen Bestehens von Hinz und Kunzt in der Hamburger „Fabrik“ die „Hamburger Tafel“ offiziell gegründet. Schon vorher hatten sich über ein Dutzend Leute als ehrenamtliche Mitarbeiter zur Verfügung gestellt. Und nicht nur das: Nachdem die Zeitungen über die neue Hamburger Tafel berichtet hatten, meldeten sich zahlreiche Lebensmittelhändler, Restaurants und Hotels boten ihre Unterstützung an. Die „Hamburger Morgenpost“ spendiert ein Büro in der Griegstraße und einen gebrauchten Transporter.